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Nebelland |
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Nebelland Im Winter ist meine Geliebte unter den Tieren des Waldes. Daß ich vor Morgen zurück muß, weiß die Füchsin und lacht. Wie die Wolken erzittern! Und mir auf den Schneekragen fällt eine Lage von brüchigem Eis.
Im Winter ist meine Geliebte ein Baum unter Bäumen und lädt die glückverlassenen Krähen ein in ihr schönes Geäst. Sie weiß, daß der Wind wenn es dämmert, ihr starres mit Reif besetztes Abendkleid hebt und mich heimjagt.
Im Winter ist meine Geliebte unter den Fischen und stumm. Hörig den Wassern, die den Strich ihrer Flossen von innen bewegt, steh ich am Ufer und seh, bis mich Schollen vertreiben, wie sie taucht und sich wendet.
Und wieder vom Jagdruf des Vogels getroffen, der seine Schwingen über mir streift, stürz ich auf offenem Feld: sie entfiedert die Hühner und wirft mir ein weißes Schlüßelbein zu. Ich nehm's um den Hals und geh fort durch den bitteren Flaum.
Treulos ist meine Geliebte, ich weiß, sie schwebt manchmal auf hohen Schuh'n nach der Stadt, sie küßt in den Bars mit dem Strohhalm die Gläser tief auf den Mund, und es kommen ihr Worte für alle. Doch diese Sprache versteh ich nicht.
Nebelland hab ich gesehen, Nebelherz hab ich gegessen.
Ingeborg Bachmann
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Copyright 2005 Beate Memmer
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